Adventskalenderbeitrag der Klasse 8b
Einzelne kleine Tatzenabdrücke zeichneten den hohen, glitzernden Schnee. Die Weihnachtszeit war eben nicht für alle ein Fest der Familie und Freude.
So auch nicht für die winzige Katze, welcher die Abdrücke gehörten. Sie hatte weißes, weiches Fell, nur ihre Pfoten waren schwarz wie die Nacht. Ihre Augen allerdings waren blau und leuchteten im Licht der Sterne wie kleine, runde Diamanten.
Die junge Kätzin hatte niemanden mehr, sie war ganz alleine auf dieser großen weiten Welt. Noch vor einem Jahr war sie mit ihrer kleinen Familie, bestehend aus ihrem Vater, ihrer Mutter und ihrem Bruder, mit welchem sie immer im kalten Schnee gespielt hat, zusammen gewesen. Ihr Bruder hätte sie gerufen und sobald sie sich umgedreht hätte, wäre er auf sie zugelaufen und hätte sie in den tiefen Schnee geworfen. Ihre Eltern sagten darauf immer nur wie kindisch und albern sie doch wären.
Wie sehr sie diese Tage vermisste, an denen sie einfach nur zusammen waren und Spaß hatten. Bei diesem Gedanken musste sie schwer seufzen. „Um diese Jahreszeit ist es passiert“, dachte sie traurig. Dabei wollte sie damals doch nur die Menschen beobachten, wie sie zusammen sangen, feierten oder sich einfach nur nah waren. Besonders großartig fand sie immer wie die kleinen Kinder im Schnee spielten. Dabei waren sie glücklich, genau wie die kleine Katze es früher auch einmal war. Doch als sie von ihrem kurzen Ausflug zurück nach Hause kam, war alles weg und ihr Leben war nur noch ein einziger Scherbenhaufen.
Sie liebte den Winter. Vor allem die kalten Tage an denen sie und ihre Familie eng aneinander gekuschelt eingeschlafen sind und die Freude der Menschen, welche sogar die Katzen von außerhalb spüren konnten.
Doch leider wollten ihre Eltern an den Festen der Menschen nicht teilnehmen und auch nichts davon wissen. Sie bläuten ihr immer wieder ein, dass die Menschen herzlos seien und sie nur ausnutzen würden, wenn sie ihnen zu nahekäme. Dabei hatte sie immer eine innere Verbundenheit gegenüber den Menschen gefühlt. Sie wusste selbst auch nicht, warum das so war, schließlich hatte sie selbst noch nie in ihrem ganzen, kurzen Katzenleben einen Menschen aus der Nähe gesehen. Nur von weitem hielt sie Ausschau nach ihnen, hatte ihre Stimmen gehört und jedes Mal, wenn das passierte, überkam sie eine tiefe Sehnsucht.
Deshalb war sie nun hier, sie wollte zu den Menschen, doch sie traute sich nicht, denn irgendwas hielt sie immer wieder davon ab. Was wäre, wenn die Sachen, die ihre Eltern erzählt hatten, stimmten? Was wenn die Menschen sie schlecht behandeln oder sogar verletzten? Schließlich überwiegten die Zweifel ihren Wunsch. Ihre spitzen Ohren zuckten ungehalten. Warum konnte sie denn nicht einfach gehen? War sie zu feige? Hatte sie nur nicht genug Mut? Bestimmt war es so. Sie drehte sich um und wollte zurück zu ihrem Unterschlupf gehen, doch plötzlich hielt sie inne. War es denn wirklich das was sie wollte? Einfach aufgeben?
Nein, würde sie nicht tun. Die Kleine wollte mit allen Kräften ihren Traum erfüllen. Und so rannte sie, ohne weiter darüber nachzudenken los, den Berg hinunter und in das kleine Dorf mit den schönen, alten Häusern.
Sie war so schnell, dass sie sogar manchmal ausrutschte, beinahe sogar hinfiel, aber das passierte nicht und der Blauäugigen war es egal. Falls sie fallen würde, würde sie einfach wieder aufstehen und weiterlaufen. Sie hatte nämlich nur ein Ziel vor Augen, die feiernden Leute zu sehen und bei ihnen zu sein, einfach glücklich zu sein und alles Schlechte hinter sich zu lassen und zu vergessen, um nie wieder allein sein zu müssen, doch nun war sie hier, zwischen all den Häusern und Menschen.
Ihre Augen weiteten sich. Vor ihr war ein riesiger Tannenbaum, welchen sie eigentlich nur aus dem Wald kannte. Dennoch stand er hier mitten auf dem riesigen Platz und umzingelt von Menschen. Doch irgendwas unterschied ihn von den Tannen, die die weiße Kätzin kannte, er leuchtete nämlich in bunten Farben. An seinen mit Nadeln bestückten Ästen hingen riesige, bunte Kugeln und manche von ihnen glitzerten wie die Sterne, unter welchen der Baum stand.
Die Menschen, die um den Baum herumstanden, sangen, redeten und lachten miteinander. Sie bewunderten den prächtigen Baum ebenfalls.
„Mama, schau doch mal da eine Katze“, rief ein kleines Mädchen und deutete dabei auf die Kätzin. Auch die anderen Menschen bemerkten sie. Die kleine Katze machte verängstigt ein paar Schritte zurück, doch entgegen ihrer Erwartungen taten ihre Beobachter ihr nichts. Sie bestaunten sie nur und ein paar lächelten ihr sogar zu oder streichelten sie. Die Kleine hörte oftmals sowas wie: „Sie sieht aus wie Schnee“ oder „ die hat ja auch schwarze Stiefel an“. Und so tauften die Bewohner des Dorfes die schneefarbene Kätzin mit den schwarzen Pfoten Snow.
Snow freute sich das die Menschen sie akzeptierten und ihre Anwesenheit sogar genossen. Sie spürte zwar durch die Leute eine nie dagewesene Wärme, doch irgendwie war es nicht dieselbe Wärme, die sie gehofft hatte zu spüren. Es waren so viele nette Menschen um sie herum, aber dennoch fühlte sie sich so allein wie in ihrem alten Zuhause.
Die kleine Katze war nun schon ein paar Tage hier und liebte es, wenn die Menschen sie streichelten, doch leider gingen sie alle schnell wieder. Nur wenige kamen extra wegen ihr her oder nahmen sich Zeit mit ihr zu spielen oder zu schmusen. Meistens besuchten die Kinder Snow, aber auch die mussten irgendwann nach Hause zu ihrer Familie. Die Kätzin verstand das und trotzdem machte sie das unendlich traurig. War sie denn nicht extra in die Stadt gekommen, um nicht mehr allein zu sein und um auch die Wärme zu spüren, die die Menschen untereinander teilen? Dennoch war sie nur eine einfache Katze, welche die Menschen bald wieder vergessen haben würden. Wie konnte sie nur so naiv sein und glauben das die Menschen sie genauso lieben könnten, wie sie sich selbst lieben?
Dann, aber hörte sie eine Stimme, die nach ihr rief: „Snow? Snow komm mal her.“ Die weiße Katze drehte sich nicht um. Sie wollte sich nicht jedes Mal aufs Neue mit jemanden anfreunden, nur damit dieser sie wieder nach kürzester Zeit verlässt.
Mittlerweile kannte sie die meisten Leute, die hier vorbeikamen. Von der Frau die jeden Morgen telefonierend am großen Baum vorbei ging, bis zu den kleinen Kindern, welche nach der Schule regelmäßig aus ihren warmen Häusern gestürmt kamen, um draußen im Schnee zu spielen, aber diese Stimme war ihr fremd.
„Dir ist doch bestimmt kalt oder nicht?“, sagte dieselbe Stimme von eben fröhlich, „Willst du nicht mit zu mir nach Hause kommen? Meine Eltern und Brüder sind ganz sicher einverstanden.“ Snow drehte sich nun doch um. Vor ihr stand ein dunkelhaariges Mädchen mit blauen Augen, welche Snow an ihre eigenen erinnerten. Sie war gekleidet in einer dicken, hellrosa Jacke mit weißen Knöpfen. Um ihren Hals war ein hellblauer Schaal gebunden. Das Mädchen hockte sich hin und hielt ihre Hand der weißen Kätzin hin. Snow schnupperte kurz und legte dann ihren Kopf in diese.
Wollte dieses Menschenmädchen sie wirklich mitnehmen, sie liebhaben und mit ihr zusammen Weihnachten verbringen?
Wie als Antwort auf Snows Gedanken nahm die Dunkelhaarige die kleine Katze auf den Arm. „Ich würde mich freuen, wenn ich eine Freundin wie dich hätte Snow. Und falls es dir bei mir nicht gefällt, kannst du jeder Zeit zurück nach Hause. Ach übrigens, ich heiße Jana!“, sagte Jana noch fröhlicher als zuvor. Snow schnurrte glücklich.
Und Jana hielt ihr Wort, denn ihre Eltern empfingen Snow mit offenen Armen und von da an verbrachte Snow viele weitere Weihnachtsfeste glücklich mit ihrer neuen Familie. Jetzt konnte die weiße Katze mit den schwarzen Pfoten die Wärme spüren, nach der sie sich so lange gesehnt hatte und sie hatte zusätzlich auch noch eine Familie gefunden, die sie liebte.